„Nationale Lösung ist nicht die Lösung“
Zwar waren die Bundesbürger bereits am 24. September 2017 zur Stimmabgabe aufgerufen, doch erst am 14. März 2018 war mit der Neuauflage der Großen Koalition eine neue Bundesregierung ins Amt gekommen. Grund genug für den CDU-Stadtverband Fellbach den Wahlkreisabgeordneten Dr. Joachim Pfeiffer zu einem „Bericht aus Berlin“ nach Oeffingen einzuladen, zumal die außen- und welthandelspolitische Lage mindestens genauso viel Gesprächsstoff versprach wie die bundesdeutsche Innenpolitik. So begab sich Pfeiffer mit seinem Vortrag samt anschließender ausführlicher und anregender Fragerunde quasi auf eine Tour d’Horizon aktueller politischer und gesellschaftlicher Herausforderungen.
Er warnte in Hinblick auf die von der US-Administration gegen einige Staaten des südpazifischen Raums verhängten Strafzölle vor einem internationalen Handelskrieg, zumal Europa derzeit lediglich von Ausnahmen des Weißen Hauses profitiere. In Hinblick auf die europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts sprach Pfeiffer auch die historische Dimension des Protektionismus und dessen Folgen an: „Vor etwa 100 Jahren war freies Reisen in Europa möglich und der Handel zwischen den Staaten florierte. In den zwanziger und dreißiger Jahren hatte schließlich die Abwärtsspirale des Protektionismus Europa im Griff – mit den bekannten politischen Folgen“, sagte Pfeiffer. Die nationale Lösung sei daher keine Lösung, auch nicht für soziale Probleme. Insgesamt habe die Globalisierung im Zuge internationaler Marktwirtschaft die realen Lebensbedingungen vieler Menschen verbessert, z.B. beim enormen Rückgang der Armut in Afrika und Asien im Vergleich der letzten Jahrzehnte. Der Welthandel sei zudem immer schneller gewachsen als das Weltsozialprodukt, in den letzten Jahren sei erstmals eine Trendumkehr sichtbar. Die internationale Vernetzung sorge zudem dafür, dass Entwicklungen auf anderen Erdteilen mittlerweile direkten Einfluss auf das Leben in unseren Städten und Gemeinden in Deutschland hätten. „Was in Afrika oder Asien passiert, muss daher auch in Oeffingen interessieren.“ Die großen Herausforderungen könne Deutschland außerdem nicht alleine lösen. „Weniger als 10% der Weltbevölkerung sind heute noch Europäer, etwa 1% sind Deutsche. Ohne eine stärkere europäische Zusammenarbeit verlieren wir weltweit an Gewicht. Gerade wenn es um die Implementierung von Standards im Welthandel geht, setzen wir deshalb auf multilaterale und supranationale Konzepte wie die EU und die WTO. Der Weg über rein bilaterale Abkommen ist nicht der Richtige“, sagte Pfeiffer.
Die erneute Koalition mit der SPD im Bund sei ausdrücklich nicht seine Wunschkonstellation gewesen, berichtet der Bundestagsabgeordnete. In Jamaika habe er ein spannendes und innovatives Projekt gesehen, das leider an der FDP und deren Ablehnung gegenüber der Verantwortung gescheitert sei. Er selbst könne dieses Verhalten bis heute nicht wirklich nachvollziehen und äußerte die Mutmaßung, dass die Entscheidung in den Reihen der FDP rückblickend mindestens skeptisch betrachtet wird.
Doch nun eröffne der Koalitionsvertrag mit den Sozialdemokraten zunächst einmal eine realistische Perspektive für eine handlungsfähige und stabile Regierung. „Es wird keine neuen Schulden und keine Steuererhöhungen geben, an unserem Ziel der Haushaltskonsolidierung halten wir fest. Beim Thema Migration wird der subsidiäre Schutz abgeschafft. Zudem ist es sehr hilfreich, dass die CDU nach über 50 Jahren wieder den Wirtschaftsminister stellen kann und die Themen Wirtschaft und Energie weiterhin in einer Hand liegen. Das bietet die Chance, den marktwirtschaftlichen Kompass zurückzugewinnen“, sagte Pfeiffer.
Dies gelte auch für die innere Entwicklung der CDU, meinte der Wirtschaftspolitiker. Angesichts einer nach rechts offen gelassenen Flanke sieht Pfeiffer Erneuerungsbedarf in seiner eigenen Partei. „Wir haben in den letzten Jahren gerne Wähler aus der Mitte aufgenommen, dabei aber leider den einen oder anderen Kernwähler vernachlässigt. Die liberale, insbesondere die wirtschaftsliberale, als auch die konservative Säule der CDU müssen wir wieder stärken“, sagt Pfeiffer. Im Falle eines ausbleibenden Erneuerungsprozesses bestünde sonst die Gefahr, dass die Wähler der CDU den Weg in die Opposition weisen würden.