Haushaltsrede von Anja Off
Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Zull,
sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister Berner,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Soltys,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Gäste,
„Kommunen am Limit“ titelte eine im Mai veröffentlichte Pressemitteilung der drei kommunalen Landesverbände Baden-Württemberg - das Sprachrohr für alle Gemeinden, Städte und Landkreise in unserem Bundesland.
Weiter heißt es - Zitat Anfang - „Die Kommunen stehen mit dem Rücken zur Wand, Handlungsspielräume gibt es so gut wie nicht mehr. Ein zunehmend akuter Mangel an qualifiziertem Personal und knappe Kassen führen zu einer Diskrepanz zwischen zugesagter Aufgabenerfüllung und der tatsächlichen Umsetzung vor Ort. Die kommunalen Strukturen geraten dadurch immer mehr unter Druck.“ Zitat Ende.
Dass dieser Druck nicht vor den Toren Fellbachs endet, hat die Verwaltungsspitze jüngst bei der Haushaltseinbringung zum Ausdruck gebracht. Ein Millionen-Haushaltsdefizit ist die düstere Prognose. Zuvor wurden Budgets im Ergebnishaushalt gekürzt und Investitionen vertagt: zunächst kein Feuerwehrneubau der Abt. Fellbach, kein Mobilitätshub, keine weitere Großsporthalle. Denn, wenn der Geldbeutel bereits für die laufenden Aufgaben nicht mehr reicht, wie stattdessen Millionen-Investitionen finanzieren? Schlicht unmöglich. Hinzu kommen Land und Bund, die seit Jahren der kommunalen Ebene wie einem Packesel Aufgabenpakete aufbürden, auskömmliche finanzielle Mittel jedoch - wie die Karotte vor des Esels Nase - unerreicht lassen.
Genau in diesen Zeiten benötigen wir – mehr denn je – eine überdurchschnittlich gute und leistungsfähige Verwaltung vor Ort, die in wankenden Zeiten Stabilität und Verlässlichkeit schenkt. Dass die Haushaltsaufstellung in diesem Jahr besonders herausfordernd war, wird anhand der Zahlen klar. Vielen Dank an alle Beteiligten - egal ob Verwaltungsspitze, Kämmerei oder Fachämter - für die einmal mehr routinierte Aufstellung.
Letztlich zeigt sich die Verpflichtung des Gemeinderats gegenüber den Fellbacher Bürgerinnen und Bürgern ganz besonders in diesen Zeiten knapper Kassen. Jedes einzelne Vorhaben muss kritisch hinterfragt, ideologische Ideen abgelehnt, hingegen Maßnahmen, die Fellbach voran bringen, umgesetzt werden. Dieses wohl überlegte Gleichgewicht hat uns als CDU-Fraktion schon in den letzten Jahren bei Entscheidungen geleitet und hierauf können sich die Bürgerinnen und Bürger auch weiterhin verlassen.
Pflichtaufgaben vor freiwilligen Aufgaben
Wo in Zeiten voller Kassen Aufgabenpriorisierung ein Fremdwort darstellt, zählt sie in Zeiten knapper Budgets zum Grundvokabular. Viel zu lange wurde der „Fellbacher Standard“ angewandt, obwohl wir seit Jahren eine Abkehr forderten. Wir müssen uns wieder auf unsere Pflichtaufgaben konzentrieren, diese vernünftig, aber nicht „vergoldet“ erbringen und Freiwilligkeitsleistungen hinterfragen.
Aus diesem Grund beantragen wir die Zusammenstellung aller derzeit verwaltungsweit erbrachten freiwilligen Leistungen - unter Nennung deren Kosten, Bearbeitungsaufwand und Einschätzung, inwiefern deren Leistungszweck noch erforderlich ist.
Um die vollumfängliche Erfüllung neuer Pflichtaufgaben zu gewährleisten, beauftragen wir die Verwaltung bei jeder Gremienvorlage analog der finanziellen Auswirkungen zu ergänzen, ob es sich um eine freiwillige oder um eine Pflichtaufgabe handelt. Bei Letzteren sind die konkreten Gesetzesgrundlagen zu benennen.
Entbürokratisierung
Ob Bürger, Unternehmer und Verwaltungen - wir alle reden von der dringend erforderlichen Verschlankung öffentlicher Strukturen. Auch in Fellbach haben wir Richtlinien, bei denen wir uns fragen, ob der Erstellungsaufwand gegenüber dem Nutzen gerechtfertigt ist. So bspw. jüngst mit der Entwicklung einer Förderrichtlinie für Vorgärten in Oeffingen, die sich an derzeit maximal 20 Personen richtet. Wir fordern die Verwaltung auf, kritisch zu hinterfragen, an welcher Stelle es zusätzliche örtliche Vorschriften für die Fellbacher Bürger braucht. Genauso auch im Verwaltungsinneren mit Dienstanweisungen oder -vereinbarungen. Deren Erstellung, Vollzug und Evaluierung kostet wertvolle Personal- und Zeitressource. Ressource, die wir nicht haben.
Digitalisierung
Die Steigerung der Digitalisierung ist zur Bürgerorientierung und Prozessautomatisierung wichtig.
Bereits im vergangenen Jahr wurde von der Verwaltung ein jährlicher Bericht zur Digitalen Verwaltung versprochen. Letzterer erging seit mindestens Juli 2023 nicht. Wir beauftragen die Verwaltung zur unmittelbaren Erstellung.
Zudem hatte die Verwaltung im Rahmen des letzten Haushaltsplanverfahrens in Aussicht gestellt, in der zweiten Jahreshälfte 2024 über die Digitalisierungsstrategie und das Prozessportfolio zu berichten. Wir freuen uns daher noch auf die Vorlage im Dezember.
Personal
Nur ein strukturell gut aufgestellter Querschnitt kann die Leistungsfähigkeit der Gesamtverwaltung sicherstellen. Daher benötigen wir - mehr denn je - ein leistungsfähiges Hauptamt. Wir fordern die Präsentation der Ergebnisse der Organisationsuntersuchung.
Darüber hinaus beauftragten wir das Hauptamt, wie schon im letzten Jahr, mit einen Bericht zur strategischen Personalplanung, um insbesondere altersbedingte Personalaustritte frühzeitig abzumildern. Dieser wurde zwar für dieses Jahr zugesagt, ist aber noch nicht erfolgt.
Gerade bei der geschildert hohen Aufgabendichte, sehen wir Entwicklungspotenzial darin, unbesetzte Stellen rasch zur Wiederbesetzung auszuschreiben. Dass hier Handlungsbedarf ist, zeigen die im Millionenbereich verminderten Personalausgaben gegenüber deren Planungsraten. Rasche Stellenbewertungen und Stellenausschreibungen legen den Grundstein für die Personalgewinnung. Daher fordern wir: reguläre Stellennachbesetzungen, die nicht innerhalb von einem Monat wieder veröffentlicht werden, sind im Verwaltungsausschuss vorzustellen, um zu entscheiden, ob sie noch zur Aufgabenerfüllung erforderlich sind.
Vor diesem Hintergrund halten wir es für bedenklich, dass die Verwaltung davon ausgeht, sehr wahrscheinliche Tarifsteigerungen durch unbesetzte Personalstellen kompensieren zu können – insbesondere weil verwaltungsseitig keine gesicherten Kenntnisse über die durchschnittliche Anzahl an vakanten Stellen vorliegen. Wir bitten um ein tragfähiges Konzept, sollten die Tarifsteigerungen bei geforderter rascher Nachbesetzung doch nicht kompensiert werden können.
Wo wir schon beim Thema Personalstellen sind. Noch im September wurde die unaufschiebbare Schaffung eines Bauingenieurs im Amt für Hochbau und Gebäudemanagement von der Verwaltung dargestellt. Hintergrund seien die immensen Projekte, die von diesem Amt begleitet werden müssen. Die CDU-Fraktion hatte damals als einzige Fraktion ihre Zustimmung zu diesem Vorgehen nicht erteilt. Einerseits sahen wir kein dringendes Erfordernis zur unmittelbaren Stellenschaffung 2 Monate vor Haushaltseinbringung, wenn bereits eine Organisations-untersuchung vor 4 Jahren diese empfohlen hatte. Andererseits wollten wir zwingend am Grundsatz „keine unterjährigen Stellenschaffungen“ festhalten. Da die Stelle bis heute nicht ausgeschrieben und Großinvestitionen zurückgestellt sind, lautet unser klarer Auftrag: genannte Stellenneuschaffung rückgängig machen.
Sicherheit in der Stadt
Mit dem letzten Haushalt hatten wir eine Personalstelle zum Bevölkerungsschutz beschlossen, die bislang noch immer unbesetzt ist. Ein Thema, das in Zeiten der instabilen Weltlage oder den im Juni erfolgten Hochwasser- und Starkregenfällen aktueller denn je ist. Wir fordern die Verwaltung ausdrücklich auf, die Stelle dringend zu besetzen.
Darüber hinaus beauftragt die CDU-Fraktion, die schon mehrfach angesprochenen sicherheitsbedenklichen Brennpunkte in der Stadt, wie bspw. den Bereich rund um die Pauluskirche, verstärkt in den Blick zu nehmen und sichtbar für die Sicherheit der Bürger zu sorgen.
Bauen
In den letzten Monaten wurden verwaltungsseitig verstärkt Ausnahmen von der definierten Sozialquote zur Beschlussfassung vorgeschlagen. Bauherren gaben an, andernfalls keine Wirtschaftlichkeit erzielen zu können. Als CDU-Fraktion wollen wir einen Flickenteppich an Einzelentscheidungen verhindern und sicherstellen, dass alle Bauherren denselben rechtlichen Voraussetzungen unterliegen. Ein „wer am lautesten schreit wird am meisten gehört“ ist inakzeptabel! Dementsprechend fordern wir die Verwaltung auf, langjährige formale Eckdaten, wie bspw. die Sozialquote auf den Prüfstand hinsichtlich ihrer Zeitgemäßheit zu stellen und ggf. anzupassen.
Ferner beauftragen wir die Verwaltung zur verlässlich strategischen Bauplanung. So ist aus unserer Sicht rechtzeitig ein Fahrplan zu erarbeiten, welche Bauvorhaben – auch bei Verschiebung auf die nächsten Jahre – noch finanziell realisierbar sind. Eben bevor in deren Planung eingestiegen und Kosten verursacht werden. Was haben beispielsweise die vielfältigen Gutachten zu Trassenuntersuchungen zum Radschnellweg gekostet? Sind diese förderfähig, wenn der Radschnellweg so nicht realisiert wird?
Zuletzt wurden die im letzten Jahr in Anspruch genommenen Leistungen für externe Dienstleister benannt: rd. 2,4 Millionen Euro! Wir beantragen ein ausgearbeitetes Konzept zur Halbierung dieses Ansatzes. Es ist hierbei abzuwägen, ob beim konkreten Vorhaben ein Gutachten unbedingt erforderlich ist.
Infrastruktur
Bereits bei den letzten Haushaltsplanberatungen hatten wir beantragt die Straßenunterhaltung sicherzustellen. Mit Sorge beobachten wir die zunehmende Zahl an tiefen Schlaglöchern. Wir bitten um eine Aufstellung der sanierungsbedürftigen Straßenabschnitte inklusive eines zu Grunde liegenden Zeitplans zur Sanierung. Straßenraum- und Platzgestaltungen sind zweckmäßig und effizient vorzunehmen. Es braucht ausdrücklich keine städtebauliche Traumlösung. Von Pflastersteinen ist endlich Abstand zu nehmen - da sie weder hoher Belastung noch allen Witterungen vollumfänglich standhalten und zudem für ein erhöhtes Lärmaufkommen sorgen, welches die Verwaltung mit dem strittigen Lärmaktionsplan zu begrenzen versucht.
Lange vor dem Brückeneinsturz in Dresden hatten wir als CDU-Fraktion Brückensanierungen gefordert. Passiert ist hier unseres Erachtens noch zu wenig. Wir beantragen daher die Untersuchung aller Brücken in Fellbach auf deren Standfestigkeit und evtl. erforderlichen Sanierungsbedarf.
Zukünftige Nutzung freier Rathausräumlichkeiten
Seit Jahren beschäftigen uns die Räumlichkeiten des alten i-Punktes. Mit dem verwaltungsseitig sonst üblichen Wunsch einer belebten Innenstadt mit hoher Aufenthaltsqualität ist es für uns unverständlich, solch exponierte Räumlichkeiten nicht gewinnbringend zu nutzen. Die Volksbank am Württemberg ist im alten i-Punkt ausgezogen. Wie geht es weiter? Wir fordern ein schlüssiges Konzept mit unterschiedlichen Lösungsvarianten.
Vielen Dank. Hier übernimmt nun mein Fraktionskollege Franz Plappert.